[Rezension] Haruki Murakami - "Gefährliche Geliebte"

Haruki Murakami - Gefährliche Geliebte
Gegenwartsliteratur

Verlag:  btb-Verlag
Umschlaggestaltung: Design Team München
Umschlagbild: Andreas Weiss
ISBN-13: 978-3-442-72795-2
Seiten: 218 Seiten
Erschienen: 1. Juli 2002

Buchrückentext
„Hajime hätte eigentlich keinen Grund zum Klagen: Er ist Ende Dreißig, verheiratet, hat zwei Töchter und besitzt einen erfolgreichen Jazzclub in einem schicken Tokioter Viertel. Trotzdem ist er unzufrieden und trauert den verpassten Gelegenheiten in seinem Leben nach, jenen Momenten, als er mit seiner Jugendliebe Shimamoto Händchen hielt und bei Nat King Cole schmalzigen Liedern ins Träumen geriet. Wie eine Halluzination taucht Shimamoto eines Tages in seiner Bar auf, unfassbar und geheimnisumwoben. Sie erscheint immer an regnerischen Abenden, wie eine Sendbotin aus einer fremden Welt. Die Frau mit dem bezaubernden Lächeln rührt verloren geglaubte Saiten bei Hajime an. Er ist bereit, sein bisheriges Leben aufzugeben.“

Meine Meinung
Als Einzelkind scheint Hajime etwas Besonderes zu sein, denn all seine Schulkameraden haben mehrere Geschwister. Nur Shimamoto versteht ihn, denn auch sie hat keine Geschwister und die beiden freunden sich an, ein unsichtbares Band scheint die beiden Kinder zu verbinden. Sie hören gemeinsam Musik und können über alles reden. Doch ein Schulwechsel lässt den Kontakt abbrechen und sie sehen sich nie wieder.

Noch Jahre später denkt Hajime an Shimamoto. Mittlerweile ist er verheiratet und hat zwei Kinder, er leitet erfolgreich einen Jazzclub und ist dennoch nicht glücklich. Er trauert verpassten Chancen und Gelegenheiten nach, da betritt unerwartet Shimamoto seine Bar…

Mich konnte Murakami schon mit Beginn der Geschichte fesseln. Sein Schreibstil ist einfach und schlicht und lässt sich dadurch gut lesen, doch mit seinen Worten schafft er eine außergewöhnliche Atmosphäre - mal melancholisch, mal sehr kühl, mal zum schmunzeln, aber immer ist sie sehr emotional. Dazu haben mich die Themen des Buches sehr angesprochen: es geht um das Leben, um verlorene Träume, Sehnsüchte und verpasste Gelegenheiten. 

Hajime ist mir sehr sympathisch.  Er ist ein „echter“ Charakter mit Ecken und Kanten und seine düsteren Gedanken und Wehmut konnte ich zu einem großen Teil gut nachvollziehen. Nahezu spürbar ist seine Zerrissenheit und sein persönliches Nicht-Glücklich-Sein und ich war dadurch sehr berührt. Nicht immer ist Hajimes Handeln für mich nachvollziehbar, doch sein Schmerz und seine Melancholie mögen einige von ihnen erklären.

Shimamoto dagegen ist geheimnisvoll und mit ihr wurde ich bis zum Schluss nicht richtig warm. Sie tut, was sie will, sie kommt und geht, wann sie möchte und dass sie damit verletzt, bedenkt sie nicht. Sie will Verständnis für ihre Situation und Hajime verzeiht ihr fast alles, verfallen wie er ihr ist. 

Das Ende des Romans ist offen und lädt zu eigenen Gedanken ein. Ich habe mich oft gefragt, was eigentlich passiert ist. Ob es wirklich alles Realität war oder ob Hajime sich seinen Träumen hingegeben hat – letztlich bleibt die Interpretation jedem selbst überlassen.

Ich habe das Buch gerne gelesen. Ich konnte eintauchen in die Geschichte und war gefangen vor allem durch den Schreibstil Murakamis, der eine so wunderbare, wenn auch melancholische Atmosphäre geschaffen hat, der ich mich nicht entziehen konnte.

Vielleicht noch ein Wort zur Übersetzung: Oft wurde kritisiert, dass das Original zunächst ins Englische und dann ins Deutsche übersetzt wurde und damit vieles vom Charme des Buches und seiner Genialität verloren gegangen sei. Mir hat das Buch auch in dieser Form sehr gut gefallen. Wer jedoch eine direkte Übersetzung aus dem Japanischen möchte, der sollte die Neuauflage des Buches mit dem Titel „Südlich der Grenze, westlich der Sonne“ lesen, das im Mai 2013 neu erschienen ist.


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